Montag, 18. Mai 2009

Le Chuck

Fahles Licht schien durch die vergilbten Gardinen des Untergeschosses. Chuck, auf einem gammligen Sofa liegend, fing an zu blinzeln. „Mann, immer dieser Kopf“, dachte er und schlug die rote Baumwolldecke zurück. Zuerst setzte er sich auf, um genügend Energie zu sammeln. Dann erhob er sich und begann den Weg in die Küche anzutreten. Dieser Weg fühlte sich sehr weit an, fast wie ein Tagesmarsch. Er kroch eher, als dass er ging und auf der Hälfte der etwa 4 Meter die es bis dorthin waren, nötigte ihn seine Blase zu einem kleinen Umweg. Die Blase - der beste Wecker der Welt, wenn auch nicht immer pünktlich. Während er vor dem Klo stand, überlegte er wie spät es wohl gerade sei, verstoß den Gedanken aber prompt und zuckte mit den Achseln. Zeit spielte keine Rolle für Chuck, er lebte sowieso nach einer anderen. Aber auch diese Zeit war eben Geld und das bisschen davon was Chuck von der Stütze bezog und mit kleinen Gaunereien nebenbei aufstockte ging fast restlos für seinen Traum drauf: Chuck wollte sich zu Tode saufen. Schnaps-Suizid. Das war Chucks Ziel. Einfach so, ohne erklärbaren Grund. Wenn ihn einer fragte wieso er ständig so viel saufe, dann antwortete Chuck stets: Gibt doch aber richtig Prozente.

Man kann nicht behaupten, Chuck hätte keinen Spaß am Leben gehabt, aber den größten Spaß hatte er mit Alkohol. Das war schon immer so und so sollte es für ihn auch bleiben. Der Alkohol sollte den mickrigen Rest Lebens aus seinem schwammigen Körper pressen, so wie er gerade die letzten Tropfen im Stehen. Froh fertig zu sein, setzte Chuck seinen Weg in die Küche fort. und vermied dabei bewusst jeden Blick in den Spiegel.

In der Küche dann ein schnelles Frühstück. 2 Aspirin in einem Bier aufgelöst, das musste fürs Erste reichen. Danach direkt das zweite Bier hinterher. Zum Nachspülen. Chuck begann immer mit Bier und steigerte den Alkoholgehalt der Getränke jede Stunde um knapp 10% . Er schaffte es selten länger als 9 Stunden durchzuhalten, dabei war er in dieser Disziplin natürlich topfit und wähnte sein Ziel, das Ende, bereits in Reichweite. Nur noch wenige Tage, schien sein Körper frustvoll zu jammern. Aus diesem Grund verzichtete er seit Kurzem auf jegliche Hygiene und das Wechseln der Wäsche. Zeitsparend.

Ein paar Meter entfernt, auf der Straßenseite der Chuck's fast leere Wohnung gegenüberlag, war eine kleine Kneipe in der alte Säufer fast täglich seine Zeit verbrachte. Er saß an der Bar, machte dumme Witze und redete ab und an mal mit einem dieser seltsamen Typen, die sein Viertel magnetisch anzuziehen schien. Überwiegend war er natürlich mit Trinken beschäftigt. So sollte es auch heute sein. Chuck öffnete die Wohnungstür, fluchte über die ihn blendende, untergehende Sonne und trat aus dem Haus. Er ging die Straße entlang, vorbei an schäbigen Appartementblöcken und griesgrämig dreinschauenden Menschen. Es waren nur wenige Meter bis zur Bushaltestelle, die sich direkt gegenüber der Bar befand, doch für Chuck waren es gefühlte 30 Minuten. Ein Bus hielt direkt neben ihm. Chuck ging vorbei und vor dem Bus auf die Straße. Er hatte die Bar vor Augen und das Bier bereits auf der Zunge, als direkt in dem Moment als er aus dem Schatten des Busses auf die freie Fahrbahn trat, ein schwarzer 78er Pontiac ungebremst vorbei raste und ihn frontal erwischte. Chuck flog durch die Luft drehte wüste Pirouetten und machte willkürliche Verrenkungen. Der Asphalt war hart und uneben als sein Gesicht dort aufschlug Er schlitterte in Curling-Manier noch ein paar Meter weiter und blieb regungslos liegen.


Aus der Traum.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.